Dem Fremden, dem Anderen, dem Hilfesuchenden die Hand zu reichen und somit der Hilfe ein Gesicht zu geben, ist die Grundidee der Asylpatenschaften in der Hansestadt Attendorn.
Eine Patenschaft beruht auf dem freiwilligen und ehrenamtlichen Engagement. Sie soll vor allem durch den Aufbau eines gegenseitigen Vertrauensverhältnisses den Asylbewerbern das Ankommen in unserer Stadt und den Einstieg in ein selbst bestimmtes Leben in unserem Land erleichtern.
Angela Klose aus Neu-Listernohl betreut zusammen mit Wolfgang Langenohl eine ägyptische Familie, die seit fast 36 Monaten in Attendorn lebt. In einem Interview mit unserer Online-Redaktion berichten beide über die alltäglichen Hilfen, welche asyl-
suchende Familien am Dringendsten benötigen.
Online-Redaktion: Frau Klose, worin genau besteht ihre ehrenamtliche Tätigkeit? Sind Sie vielleicht Botschafter unserer Kultur?
Angela Klose: Asylbewerber kommen aus Ländern mit anderen Traditionen, anderen gesellschaftlichen und kulturellen Wertvorstellungen. Als Patin kann ich helfen, meine Schützlinge individuell mit den Gepflogenheiten und Werten in unserem Kulturkreis vertraut zu machen. Durch das Offensein für andere Kulturen bin ich als Patin auch Mittler zwischen den Kulturen und trage mit dazu bei, dass Vorurteile und mögliche Ängste bei uns in Attendorn erst gar nicht entstehen bzw. abgebaut werden.
Online-Redaktion: Wie genau sorgen Sie dafür, dass sich Ihre Schützlinge in unserer Stadt zurecht finden?
Angela Klose: Als Patin zeige ich den Asylbewerbern, also meinen Schützlingen, unsere Hansestadt und ihre Umgebung mit ihren Einrichtungen (z.B. Ärzte, Vereine, usw.), informiere sie über Veranstaltungen oder gehe mit ihnen gemeinsam dorthin.
Die Anbahnung weiterer sozialer Kontakte, der Anschluss zu hiesigen Vereinen oder die Mithilfe bei ortsbezogenen Arbeiten, sind Möglichkeiten, die Asylbewerber an der Stadt- oder Ortsgemeinschaft teilhaben zu lassen.
Online-Redaktion: Sie sind nun seit einem halben Jahr Begleiter für Asylsuchende während des Asylverfahrens. Wie gestaltet sich diese Arbeit im Einzelnen?
Angela Klose: Als Patin unterstütze ich meine Schützlinge bei der Durchführung des Asylverfahrens. Gemeinsam mit Herrn Langenohl habe ich meine Flüchtlingsfamilie bei der Klage gegen einen gegenwärtigen Ablehnungsbescheid ihres Asylantrages ganz konkret unterstützt. In dem Zusammenhang sind Herr Langenohl und ich mit der Familie nach Essen zu einer Anwältin gefahren, die sich auf Ablehnungsbescheide bzgl. Asylanträgen spezialisiert hat. Übrigens: Das Kommunale Integrations-
zentrum im Kreis Olpe stellt jedem Asylsuchenden Infomaterialien in der eigenen Muttersprache zur Verfügung.
Ich lese zum Beispiel eingehende Briefe – wenn gewünscht – durch, um wichtige Fristen nicht zu übersehen. Für die rechtlichen und amtlichen Fragen gibt es hauptamtliche SozialberaterInnen, an die sich sowohl die Asylbewerber als auch ich als Patin uns jederzeit wenden können.
Online-Redaktion: Herr Langenohl, sind Sie, als Pate, allein hier Förderer der Deutschkenntnisse?
Wolfgang Langenohl: In Attendorn tagte im April diesen Jahres der „2. Runde Tisch“ mit 30 ehrenamtlichen Teilnehmern, der sich um eine bestmögliche Integration, zusammen mit der Stadtverwaltung, in unserer Hansestadt bemüht. In diesem Rahmen kann und sollte demnächst ein ehrenamtliches Angebot für Deutsch- oder Alphabetisierungskurse erfolgen. So ist vor den Sommerferien in Attendorn ein zusätzlicher Sprachkurs auf Initiative des Lions Club Attendorn zustande gekommen. Aber am schnellsten lernt man eine Sprache, wenn man sie im Alltag nutzt. Kinder lernen die deutsche Sprache meist schneller in der Gemeinschaft mit deutschsprachigen Kindern, also in der Schule, im Kindergarten, auf dem Spielplatz usw.. Es gibt die Möglichkeit, ehrenamtlich zusätzliche Sprachkurse zu organisieren. Ganz praktisch hat z.B. Frau Klose dafür gesorgt, dass die Familienmutter ein vierwöchiges Praktikum im Kindergarten St. Josef bekommt. Dem Familienvater ermöglichte sie ein Praktikum an der Schule, wo sie als Lehrerin arbeitet. Hier konnte der ägyptische Vater im Unterricht der Grundschule zusammen mit den Schülern Deutsch lernen.
Online-Redaktion: Frau Klose, sind Sie als Patin auch für die Fürsorge der Gesundheit von Asylbewerbern verantwortlich?
Angela Klose: Auch oder gerade Asylbewerber haben gesundheitliche Probleme. Deshalb wird es auch eine Aufgabe für Paten sein müssen, zusammen mit dem Asylbewerber Arzt- oder Zahnarzttermine zu vereinbaren und sie eventuell auch dorthin zu begleiten. Ich habe mich z.B. vor gar nicht so langer Zeit um die Kinder gekümmert, damit der Familienvater bei seiner Frau sein konnte, da diese sich spontan einer schweren Operation unterziehen musste.
Online-Redaktion: Herr Langenohl, allein in Attendorn wohnen neben den zahlreichen alleinstehenden Flüchtlingen 15 Familien mit insgesamt 26 Kindern. Wie kann nach Ihren Vorstellungen das Patenschaftsmodell unter anderem für Familien weiter ausgebaut werden?
Wolfgang Langenohl: Als Patin oder Pate ist man als Mitglied am Runden Tisch zum Thema Asyl mit eingebunden. Das zuständige Amt der Hansestadt Attendorn begleitet jeden Paten beim ersten Besuch in der Unterkunft und stellt den Kontakt mit „einem werdenden Schützling“ her. Dieses Amt steht jedem während der Patenschaft, vor allem auch durch eine gemeinsame Vernetzung, jederzeit mit Rat und Tat zur Verfügung. Als SPD Attendorn streben wir an, einmal im Monat ein gemeinsames Helferkreis-Treffen, in Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung, stattfinden zu lassen, an dem jeder Pate und jede Patin natürlich teilnehmen sollte.
Online-Redaktion: Wer kommt als Helfer in Frage und wie groß ist der zeitliche Aufwand?
Wolfgang Langenohl: Grundsätzlich kann jeder Bürger, der älter als 18 Jahre ist, Pate werden. Für Patenschaften ist es ausreichend, ein bis zwei Stunden pro Woche zu investieren, um wirkungsvolle Unterstützung zu leisten.