Am 01.10.2015 wurde im Attendorner Stadtrat das Innenstadtentwicklungskonzept inklusive der damit verbundenen Konzepte zur Verkehrsführung und zum Parkraumbewirtschaftungskonzept verabschiedet.
Vor der Beschlussfassung äußerte sich der SPD-Fraktionsvorsitzende Gregor Stuhldreier wie folgt (es gilt das gesprochene Wort):
„Sehr geehrter Herr Bürgermeister Pospischil, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Vertreter der Presse, sehr geehrte Besucher,
am heutigen 01. Oktober des Jahres 2015 treten wir unplanmäßig zusammen.
Der erste Oktober mag heute ein denkwürdiger Tag für die Hansestadt Attendorn werden, ähnlich wie es heute vor genau 33 Jahren der Fall war – damals allerdings mit Folgen für die gesamte Bundesrepublik Deutschland.
Damals war es der Sturz des damaligen Bundeskanzlers Helmut Schmidt durch ein konstruktives Misstrauensvotum, der den damaligen CDU-Chef Helmut Kohl ins Amt des Bundeskanzlers hievte und damit eine Ära einleitete, die durchaus prägenden Charakter hatte und vielen Menschen noch in bester Erinnerung ist.
Ganz so weit aus dem Fenster lehnen möchte ich mich mit dem Vergleich natürlich nicht.
Aber dennoch: Was der 01. Oktober 1982 für die Bundesrepublik war, kann der 01. Oktober 2015 für die Hansestadt Attendorn werden: Ein Datum, das eine neue Ära einleitet. Denn wie wir alle wissen, geht es heute ums große Ganze: Um die Innenstadtentwicklung und damit um die Weichenstellungen für die nächsten 10, 20, wenngleich nicht gar 30 Jahre!
In der heutigen Sitzung wird die monate-, wenn nicht jahrelange Arbeit von Verwaltung, Politik, zahlreichen Vertretern von Vereinen, Institutionen, Gastronomie, Einzelhandel und ganz besonders das Engagement vieler, vieler Bürgerinnen und Bürger honoriert:
Denn durch politischen Beschluss soll heute der Weg hin zur Umgestaltung unserer Innenstadt geschaffen werden.
Zugegeben: Allein durch seinen Namen werden sicherlich keine Begeisterungsstürme ausgelöst: „Innenstadtentwicklungskonzept“. Das lässt vielmehr die Bürokraten unter uns aufhorchen als die Bürger. Und dennoch: Die Bürger haben schnell verstanden, was eigentlich hinter dem sperrigen Begriff steckt, wie groß die Möglichkeiten zur Mitbestimmung und Mitgestaltung sind und haben in den zahlreichen Versammlungen und Workshops, über viele verschiedene Kanäle, sei es in persönlichen Gesprächen, telefonisch oder per E-Mail ihre Wünsche und Anregungen vorgetragen, um „ihre“ Stadt auch nach dem Umbau wiederzuerkennen und ihr einen „individuellen und einzigartigen Anstrich“ zu verpassen.
Seien wir doch mal ehrlich: Die Probleme liegen doch auf der Hand:
- Wir haben als Stadt Attendorn damit zu kämpfen, dass uns die Kaufkraft, die uns potentiell in Attendorn zur Verfügung steht, scharenweise davonläuft und in die Nachbarkommunen abfließt.
- Wir haben damit zu kämpfen, dass unsere Innenstadt nicht für die Herausforderungen des demographischen Wandels gewappnet ist: Eine Stolperfalle reiht sich an die nächste.
- Wir haben damit zu kämpfen, dass wir ein schlechtes Parkmanagement vor Ort etabliert haben, Parkflächen nicht für die Gäste, sondern vorrangig durch Beschäftigte belegt werden.
All diese Punkte gehen nun auf in einem Konzept, das alle Gegebenheiten in der Stadt berücksichtigt.
Angefangen von den Verkehrsströmen innerhalb der Stadt über die Parkmöglichkeiten und das Parkmanagement bis hin zum Einzelhandel, Freizeit- und Kulturmöglichkeiten und die Gestaltung von Grünflächen.
Ein solches Konzept hat es in dieser Form noch nie gegeben.
An meinen Eingangsausführungen merken Sie es bereits: Wir als SPD-Fraktion freuen uns sehr darüber, dass wir heute diesen Schritt hin zur Realisierung und dem Umbau unserer Stadt gehen können. Er ist an Wichtigkeit kaum zu übertreffen und für die Entwicklung und besonders auch für die Zukunftsfähigkeit unserer Stadt unerlässlich!
Warum aber begrüßen wir das vorliegende Konzept?
Ganz einfach: Weil es viele Forderungen der SPD berücksichtigt.
Ein paar Beispiele gefällig?
Nun:
Beispiel Barrierefreiheit:
Die SPD-Fraktion hat in den Haushaltsplanberatungen 2013 einen Antrag gestellt, wonach die entsprechenden Mittel für Planung und Konzeption einer barrierefreien Innenstadt um 50.000 € aufgestockt wurden. Dieser Antrag wurde damals auch einstimmig angenommen.
Beispiel Klosterplatz:
Die CDU hat sich lange dagegen gestemmt, den Klosterplatz nicht mit einem kommerziellen Gebäude zu bebauen.
Sogar einen entsprechenden Antrag von UWG und SPD im vergangenen Jahr hat sie abgewatscht, um bloß keine Stellung beziehen zu müssen, um ziemlich genau drei Monate später genau diesen Antrag doch zu unterstützen!
Für uns als SPD war es von Anfang an wesentlich, den Klosterplatz als Platz zu erhalten und damit eine attraktive Ruhezone zu schaffen sowie die Blickachse zur evangelischen Kirche sowie zur Pfarrkirche aufzuwerten. Wir sehen uns daher mit dem Vorschlag zur Umgestaltung des Klosterplatzes eindeutig bestätigt.
Beispiel Parksituation:
Dass wir eine Umorganisation und letztlich mehr Parkraum für Besucher im Stadtgebiet benötigen, war von Anfang an parteiübergreifend unstrittig.
Es aber die SPD, die in der Hauptausschusssitzung am 10.09.2014 den Antrag zum Bau eines unterirdischen Parkdecks auf dem Feuerteich gestellt hat und damit eine für die weitere Stadtentwicklung richtungsweisenden Antrag auf den Weg gebracht hat!
(Dieser wurde im Übrigen in der anschließenden Ratssitzung Ende September angenommen, jedoch bei 5 Gegenstimmen!)
Beispiel Wassertor:
Erst auf Drängen der SPD ist es gelungen, den „ersten Aufschlag“ um die Hundeknochentheorie – wie es der damalige Bürgermeister formuliert hatte – um den Bereich Wassertor/Wasserstraße zu ergänzen.
Mein Amtsvorgänger war es, der in der Ratssitzung am 09.04.2014 öffentlich eingefordert hatte, dass die Wasserstraße bei der Entwicklung des Innenstadtentwicklungskonzepts berücksichtigt werden sollte.
Heute dürfen wir zufrieden feststellen, dass im Innenstadtentwicklungskonzept ein zusätzlicher Handlungsraum 4 unter dem Schlagwort „Einkaufen mit Altstadtflair“ eingefügt wurde, der z.B. die Aufwertung des Altstadteingangs Wassertor vorsieht, ein Freiraum- und Lichtkonzept vorsieht sowie dem wachsenden Leerstand entgegentritt.
Beispiel Spielmöglichkeiten:
Wer sich heute mit Kindern durch die Innenstadt begibt, landet zwangsläufig an der „Eisenbahn“.
Damit meine ich weniger unseren Bahnhof, sondern vielmehr die nahezu einzige wirkliche Spielmöglichkeit, die es im innerstädtischen Bereich gibt.
Daher haben einige SPD-Fraktionsmitglieder im vergangenen Jahr einen Antrag zur Installation von Spielmöglichkeiten gestellt, der im Innenstadtentwicklungskonzept deutlichen Anklang gefunden hat.
So soll im Bereich vor der Sparkasse eine Nachbildung der alten Klosterkirche geschaffen werden, der für Kinder zum Toben und Klettern genutzt werden kann.
Ebenso soll auf dem Alter Markt endlich ein passender Ort zum Spielen und Toben durch Installation eines Wasserspiels für die Kinder entstehen.
Wir begrüßen diese Maßnahmen ausdrücklich und sind überzeugt davon, dass diese von den zahlreichen Kindern sicherlich gern in „Beschlag genommen“ werden.
Beispiel Verkehrsströme:
Dass der Verkehr innerhalb der Wälle anders geleitet werden muss, stand von Beginn an fest. Einerseits, um Aufwertungsmöglichkeiten, beispielsweise in der Ennester und Niederste Straße zu ermöglichen, andererseits, um Schleichverkehre zu unterbinden.
Aber: Nicht jede Maßnahme hierzu war eine richtige Maßnahme.
So hat die SPD von Anfang an kritisiert, dass die – Gottseidank mittlerweile aus dem Gedächtnis quasi verloren gegangenen – Straßensperrungen im Schwalbenohl und in Ennest eingerichtet wurden. Glücklicherweise wurden diese Sperrungen in der Ratssitzung am 24.09.2014 auf Drängen der SPD und der UWG wieder aufgehoben (jedoch mit reichlich Gegenwind aus den Reihen der CDU und FDP/Grüne, nämlich immerhin 11 Gegenstimmen!).
Liebe Kollegen: Seid ihr denn nicht auch froh, dass ihr mittlerweile wieder anständig in die Stadt fahren könnt und der Vorteil sogar gutachterlich bestätigt worden ist?
Demgegenüber hat sich auch die SPD immer für die Einbahnstraßenregelung in der Ennester und der Niedersten Straße ausgesprochen, wenngleich wir damals den Zeitpunkt zur Beschlussfassung kritisiert haben und deshalb dagegen gestimmt haben. Zur Erinnerung: Damals mussten zunächst einmal die heute als Selbstverständlichkeit feststehenden Kreisverkehre entlang der Nordumgehung und Am Zollstock errichtet werden. Hierzu sollten doch erst einmal die Verkehrsflüsse abgewartet werden, bevor eine Einbahnstraßenregelung quasi als „Freifahrtsschein“ beschlossen werden sollte.
Also, liebe CDU: Wenn ihr uns schon kritisiert und Abstimmungsergebnisse zitiert, dann doch bitte vollständig!
Beispiel Zeitplan:
Wir haben als SPD immer eingefordert, dass es einen konkreten Zeitplan für die Umsetzung des Innenstadtentwicklungskonzepts geben muss. Etwas Konkretes, das man den Bürgern an die Hand geben kann.
Mir ist natürlich bewusst, dass für den Umbau der Innenstadt eine Menge Geld in die Hand genommen werden muss und dass dieses Geld Jahr für Jahr durch uns, die Stadtverordnetenversammlung, bereitgestellt werden muss.
Aber dadurch bedingt, dass wir für das Innenstadtentwicklungskonzept einen allgemeinen politischen Konsens erzielt haben, ist es möglich, bereits gewisse Prioritäten festlegen zu können und damit einen zeitlichen Horizont für die einzelnen Maßnahmen in Aussicht stellen zu können.
Deshalb sind wir sehr froh, dass die Verwaltung dem Wunsch des Lenkungskreises Innenstadtentwicklung gefolgt ist und einen Zeitplan für die kommenden Monate und Jahre aufgezeigt hat.
Weitere Beispiele seien hier nur stichpunktartig genannt, so z.B. im Bereich Frequenzbringer, seniorengerechtem Parkraum oder „grünen Oasen“ im Innenbereich, für die wir uns seit geraumer Zeit aussprechen.
Sehr geehrter Herr Bürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen,
die vorgenannten Beispiele sind nur einige von denen, die wir als SPD in dieses Konzept haben einfließen lassen.
Wir können uns heute getrost hinstellen und mit Fug und Recht behaupten, dass das Innenstadtentwicklungskonzept unsere Handschrift trägt.
Daher wird es Sie nicht überraschen, dass wir diesem Konzept gern zustimmen werden und uns wünschen, dass die Umsetzung des Konzepts zügig vonstattengeht und nicht von anderen wichtigen (auch haushaltsbelastenden) Themen konterkariert wird.
Dennoch gibt es weitere Baustellen, an denen weiterhin Handlungsbedarf besteht:
- Wie geht es mit dem Jugendcafé weiter?
Das Jugendcafé ist eines der zentralen Themen, für die sich die SPD seit Jahren einsetzt. Nicht zuletzt durch einen Antrag zum Haushalt im vergangenen Jahr. Hier müssen zügig Möglichkeiten gefunden werden, wo ein geeigneter Standort eingerichtet werden kann, um der Jugend einen Anlaufpunkt in der Innenstadt zu geben.
- Wie geht es mit dem Projekt „Alter Bahnhof“ (vs. Alter Post) weiter?
Festzustellen ist, dass durch das Innenstadtentwicklungskonzept keine Entscheidung vorweggenommen werden darf, sondern beide Standorte, die für kulturelle Zwecke in Betracht kommen, auch so betrachtet werden: Gleichberechtigt und nicht in einer Konkurrenzsituation zueinander.Daher bitten wir um Entschärfung der Formulierung auf der letzten Seite des Innenstadtkonzepts dahingehend, dass eine bevorzugte Nutzung in der Alten Post nicht per se beschlossen wird, sondern die laufenden Gespräche und Prüfungen erst einmal zum Abschluss kommen, bevor eine Entscheidung (in welche Richtung auch immer) gefällt wird.
Langsam zum Abschluss kommend möchte ich an dieser Stelle noch ein großes Lob an die Beteiligten in der Veraltung aussprechen, sei es an die Beauftragte für Stadtteilentwicklung, Kristin Meyer, oder an die Mitarbeiter des Baudezernats und Planungsamtes, hier stellvertretend Markus Hohmann und Uwe Waschke, sowie allen weiteren am Projekt involvierten Personen!
Sehr geehrte Damen und Herren,
eingangs habe ich von einer Ära gesprochen.
Nach meinen Ausführungen können Sie vielleicht meine Freude über das vorliegende Konzept nachvollziehen.
Durch Umsetzung der zahlreichen geplanten Maßnahmen wird es möglich, dass unsere Stadt ein völlig verändertes Bild erhält – den historischen Charme unserer Hansestadt aufgreifend und mit teils großen, teils moderaten und punktuellen Veränderungen eine behutsame, wenngleich nicht weniger umfangreiche und nachhaltige Entwicklung einleitet.
Ich bin davon überzeugt: Attendorn wird im Jahr seines 800-jährigen Stadtjubiläums 2022 in neuem Glanz erstrahlen und eine Wirkung erzielen, über die sich dann vielleicht auch Helmut Schmidt und Helmut Kohl freuen würden.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.“