aS: An einen Kommunalpolitiker und Vorsitzenden eines SPD Ortsvereins, der zugleich auch noch stellvertretender Vorsitzender eines Kreisverbandes ist, werden heute viele, manchmal nicht mehr ganz zeitgemäße Erwartungen gestellt. Die meisten Mitglieder einer Partei wünschen sich einen Vorsitzenden, der hinter ihnen steht, jederzeit ein offenes Ohr hat und auf den man sich immer verlassen kann. Doch ist dieses Bild vom Vorsitzenden, der hinter seinem Team steht, überhaupt noch passend für die heutige Führungskultur? Wolfgang Langenohl ist seit acht Jahren Vorsitzender der SPD in Attendorn und hat uns Rede und Antwort, unter anderem zum Thema Führungsverständnis, gestanden.
aS: Wolfgang, Du bist seit acht Jahren der Vorsitzende der SPD in Attendorn und zugleich noch stellvertretender Vorsitzender der SPD im Kreis Olpe. Im Jahr 2017 bist Du als Landtagskandidat angetreten. Hast Du Dir vor acht Jahren, als Du gefragt wurdest, ob Du als Vorsitzender antreten würdest, Gedanken darüber gemacht, was Deine Mitglieder von Dir als Vorsitzenden erwarten?
Langenohl: Ich gehöre nicht zu den Menschen, die sich viele Gedanken darüber machen, was andere von ihm denken. Erwartungen von Mitgliedern und vor allem Bürgerinnen und Bürgern ernst zu nehmen und mich damit auseinanderzusetzen, halte ich hingegen für elementar.
In den ersten Tagen hatte ich daher viel zugehört und mir ein erstes Bild gemacht. Gleichzeitig ging es darum, Themen, Erwartungen und Aufgabenfelder zu priorisieren. Das geschah dann unmittelbar im Rahmen einer Klausur im Jahr 2011. Mir ist wichtig, dass sich unsere Mitglieder motiviert und selbstbewusst für die beste Politik einsetzen. Die passenden Rahmenbedingungen im Ortsverein und im Kreisverband dafür zu schaffen, darin sehe ich eine wichtige Aufgabe für mich als Vorsitzenden.
aS: Es gibt unzählige Führungstypen: den Choleriker, den Konfliktscheuen, das Fähnchen im Wind oder den Nicht-
Entscheider. Und all diese Typen stehen nicht gerade ganz oben auf der Hitliste der Traumchefs. Du willst zu Deinem Wort stehen, Entscheidungen treffen und Taten folgen lassen, Mitglieder, Bürgerinnen und Bürger nie im Stich lassen, hinter ihnen stehen. Und Du sollst die Allzweckwaffe für jedes Problem sein – ganz nach dem Motto „der Vorsitzende oder Chef wird es schon richten“. Kannst Du als Vorsitzender diesen Traumvorstellungen überhaupt gerecht werden?
Langenohl: Ein Vorsitzender hat in meinen Augen vor allem zwei Dinge im Blick zu behalten.
Erstens: einen Verantwortungskorridor mit den Mitgliedern des Vorstandes und den Mitgliedern der weiteren Gliederungen zu definieren, indem man sich gemeinsam bewegen möchte. Diese Struktur, diese Handlungsspielräume und definierten Verantwortungen müssen jedem klar sein.
Zweitens: die Eigenverantwortlichkeit innerhalb des Korridors zu stärken und immer wieder motivierend einzufordern. Im Übrigen finde ich nicht, dass ein Vorsitzender die Allzweckwaffe für jedes Problem ist, denn ich bin mir sicher, dass die Mehrzahl meiner Mitglieder ihre Probleme viel besser lösen kann. Es wäre doch anmaßend zu glauben, ich als Vorsitzender wüsste alles besser. Ich sehe mich eher als jemanden, der verantwortlich in Vertrauen investiert. Ich möchte unsere Mitglieder immer wieder ermutigen, die Menschen, denen wir uns mit ihren individuellen Interessen verschrieben haben, die Fachlichkeit, die wir leben wollen, ja die SPD insgesamt, zu ihrem Ding zu machen.
aS: Wolfgang, viele Vorsitzende von Parteigliederungen schreiben sich eine „Offene-Tür-Politik“ ganz oben auf ihre Prioritätenliste. Konzentriertes Arbeiten oder intensives Beschäftigen mit konzeptionell-strategischen Fragen – für den Vorsitzenden keine Chance, oder?! Was hältst Du von dieser Art der Kommunikationskultur?
Langenohl: Die Türen, die ich kenne, kann man auf- und zumachen. Ich lasse meine Tür gerne weit auf, weil ich es mag, wenn Menschen mich ansprechen können und ich auch ansprechbar bin. Das löst viele Probleme. Und wenn ich Ruhe brauche, dann weiß ich sehr gut, wie ich die Tür schließen kann.
aS: Wie aktivierst Du das Potenzial Deiner Mitglieder? Es scheint ja, dass die Mitgliederzahl gerade der SPD in Attendorn schon sehr lange stabil ist, besser noch, dass die Anzahl jedes Jahr steigt.
Langenohl: Ich glaube daran, dass Menschen grundsätzlich Interesse daran haben, Veränderungen herbeizuführen. Und aus meiner Sicht muss ich als Vorsitzender eigentlich überhaupt nicht den großen Motivator spielen. Ich muss ihnen entsprechende Rahmenbedingungen bieten, Vertrauen schenken und vor allem Motivation nicht behindern. Eine solide Fortbildungsplanung, gerade bei neuen Mitgliedern ohne Politikerfahrung, ist für mich dabei selbstverständlich.
aS: Welche Motive treiben Dich bei den ganzen Herausforderungen in den
beiden Parteigliederungen der SPD an?
Langenohl: Ich habe ein Kernmotiv – ich möchte, dass wir zu den attraktivsten und stärksten Parteigliederungen gehören. Ich weiß, dass das ein hochgestecktes Ziel ist, aber das ist mein Motiv. Das möchte ich vorantreiben und daran will ich gemessen werden.
aS-Redaktion: Wolfgang, beende bitte folgenden Satz: In den kommenden Monaten werde ich …
Langenohl:… zuhören, zusammenführen, ermutigen, Klarheit und Transparenz schaffen und Entscheidungen treffen.
aS.: Vielen Dank für das Gespräch!