Rede von Wolfgang Langenohl, Vorsitzender der SPD in Attendorn anlässlich einer Versammlung in Attendorn auf dem Rathausplatz
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Pospischil,
verehrte Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Parteien in Attendorn,
verehrte Anwesende, liebe Bürgerinnen und Bürger,
in aller Öffentlichkeit, vor den Augen der ganzen Welt wurden jüdische Menschen verhöhnt, gequält und ermordet, ihre Gotteshäuser geschändet, demoliert, gebrandschatzt: Die Reichspogromnacht war der Beginn des Massenmordes der Nazis an den deutschen und europäischen Jüdinnen und Juden, dem mehr als 6 Millionen Menschen zum Opfer fielen.
Schauen wir uns den Verlauf der Revolution im Frühjahr 1919 genauer an, werden wir sehen, dass manches, was an Hass gegen jüdische Menschen seit dem 30. Januar 1933 Regierungspolitik wurde, sich bereits 1919 ankündigte.
Aus meiner Sicht ist Antisemitismus nicht nur Thema, er sitzt seit einiger Zeit auch wieder im Bundestag und in den Land- und Kreistagen. Von Seiten der AfD, welche sich die Alternative für Deutschland schimpft –Klammer auf: Es gibt keine Alternative zur Demokratie-Klammer zu– von dieser Partei gibt es immer wieder Äußerungen, die beweisen, dass es sich um keine bürgerliche Protestpartei, sondern um eine rechtsextreme Gruppe mit starken Affinitäten zu faschistischem Gedankengut handelt.
Alexander Gauland, Ehren-Vorsitzender der AfD-Bundestagsfraktion bezeichnete die 12 Terrorjahre des Faschismus in Deutschland als lediglich einen Vogelschiss in 1000 Jahren deutscher Geschichte.
Und Björn Höcke, wiedergewählter AfD-Chef und jetziger Ministerpräsidenten-Kandidat in Thüringen sagte über das Holocaust-Mahnmal in Berlin:
Ich zitiere: „Wir Deutschen – und ich rede jetzt nicht von euch Patrioten, die sich hier heute versammelt haben – wir Deutschen, also unser Volk, sind das einzige Volk der Welt, das sich ein Denkmal der Schande in das Herz seiner Hauptstadt gepflanzt hat“.
Und das soll nichts mit Antisemitismus zu tun haben? Nein,das ist Antisemitismus!!!
Immer wieder hört oder sieht man in den Medien die Behauptung, jüdische Menschen seien von den Nazis wegen ihrer Religion verfolgt und ermordet worden. Richtig ist, die Nazis hassten die Menschen, die sie für Juden hielten aus rassistischem, antisemitischem Wahn. Es war ihnen völlig egal war, ob dies am Ende Juden, Christen, Atheisten waren.
Wir sprechen beim Thema Antisemitismus nicht über Religion, sondern über Rassismus!
Was aber heißt Rassismus hier und heute?
Mitglieder der AFD und ihre Sympathisanten trafen sich im November letzten Jahres in einer alten Villa in Potsdam und schmiedeten Ihre Pläne, so wie es die Nazis früher auch gemacht haben. Diese Konferenz hatte zum Inhalt zukünftig Jagd auf Menschen, die Migranten sind oder wie Migranten aussehen zu machen.
Liebe Bürgerinnen und Bürger,
liebe Demokratinnen und Demokraten,
oder die die es werden wollen,
ein namhafter Regierungspolitiker hat einmal gesagt, die Migration von Flüchtlingen sei die Mutter aller aktuellen politischen Probleme.
Das ist eine sehr unvorsichtige ja schon bald rassistische Aussage, und ähnelt den unzähligen unflätigen und menschenverachtenden Kommentaren und Bemerkungen, die tagtäglich in irgendwelchen sozialen Medien zu lesen und an vielen Orten zu hören sind.
So sieht Rassismus aus, der sich heute nicht mehr in erster Linie als Hass gegen Juden äußert, sondern sich gegen alle die richtet, die nicht ins völkische Denken passen, angeblich nicht zu „unserem Volk“, was immer das auch sein mag, gehören. Das sind Aussagen nicht demokratischer Parteien.
Was aber sollten wir tun gegen Rassismus, gegen Antisemitismus, gegen Nationalismus? Um die Frage noch konkreter zu stellen: Was müssen wir tun, wenn uns rassistische Vorurteile und Denkmuster ganz persönlich begegnen, in unserem direkten Umfeld, in der Schule, am Arbeitsplatz, vielleicht sogar in der Familie?
Aus eigener Erfahrung- ich bin selber mal von Reichbürgern massiv in Augenschein genommen und vom Staatsschutz geschützt worden– weiss ich wie schwer es ist, mit Argumenten dagegenzuhalten. Aber egal, wie schwer das ist, wir alle müssen dagegenhalten, heute, morgen, zu jeder Zeit! Wenn wir es nicht tun, tut es auch kein anderer.
Im politischen Raum gilt es dagegen, immer wieder öffentlich Zeichen zu setzen, immer wieder laut zu sagen, dass Rassismus nicht zum normalen politischen Leben gehört, dass wir uns an rassistische und faschistische Parteien und Gruppierungen nicht gewöhnen wollen und können, dass Faschismus und Antisemitismus keine Meinungen sind, sondern Verbrechen.
Rassismus ist nicht nur menschenfeindlich – er ist auch dumm und gegen unsere ureigensten Interessen gerichtet.
Lassen Sie uns deshalb gemeinsam immer weiter gegen Antisemitismus und alle anderen Formen des Rassismus, gegen Menschenfeindlichkeit und Dummheit eintreten. Das erfordert gewiss noch einen sehr langen Atem und weitere Demonstration und Proteste!
Liebe Bürgerinnen und Bürger,
ich komme zum Schluss. Am 30. Januar 1933 wurde Hitler Reichskanzler-ganz legal, getragen vom Frust im Land und seiner Propaganda. Vier Wochen später stand das KZ. Sieben Wochen später war das Parlament entmachtet. Sechs Jahre später begann der Weltkrieg. Die Lehre bleibt klar:
Wehret den Anfängen!
Wir, die wir hier heute versammelt sind, achten die Würde jedes Menschen. Wir treten ein für Solidarität mit allen, die Frieden und Sicherheit in unserem Land suchen. Wir unterstützen die, die Hilfe brauchen und schützen die, die bedroht, angegriffen und diskriminiert werden. Wir stehen ein für den Schutz der Schwachen, für ein friedfertiges Zusammenleben und für ein bedingungsloses Ja zu Demokratie, Rechtsstaat und Menschenrechten. Wir wenden uns gegen Rassismus, Antisemitismus sowie Hass und Ablehnung.
Es lebe unsere Demokratie!
Vielen Dank für Ihre/Eure Aufmerksamkeit!