Online-Redaktion: Christian, im Sommer bist Du gut ein Jahr im Amt. Wie fühlst Du Dich nach einem Jahr Bürgermeister?
Pospischil: Danke, gut. Das erste halbe Jahr war ziemlich aufregend. Ich habe Vieles und viele Personen kennengelernt. Mittlerweile kenne ich die Abläufe und Personen. Die Arbeit mit den Mitarbeitern in der Verwaltung, aber auch die Kommunikation mit den Bürgern, macht mir Freude.
Online-Redaktion: Als Bürgermeister kann man ja auch einiges bewegen …
Pospischil: Richtig! Am Feuerteich sieht man, dass der Umbau unserer Innenstadt bereits läuft. Ende September soll das Innenstadtentwicklungskonzept beschlossen werden. Wir haben unter großer Beteiligung der Bürger ein Konzept entwickelt, mit dem wir unsere schöne, aber in die Jahre gekommene Innenstadt umfassend attraktiver gestalten können.
Online-Redaktion: Welche Ziele stehen dabei im Vordergrund?
Pospischil: Der Einzelhandel soll gestärkt werden. Übrigens auch durch das Webkaufhaus, mit dem sich die Attendorner Händler auch online innovativ präsentieren können. Verkehr und Parken sollen systematisch geordnet, Belastungen abgebaut werden. Die Innenstadt soll insgesamt mehr Aufenthaltsqualität erhalten und dadurch interessanter für Freizeit, Kultur- oder Gastronomieangebote werden. Wir machen das alles nicht nur, damit es irgendwie „netter“ wird. Eine attraktive Innenstadt ist als Dienstleistungsstandort wichtig, damit auch die in der Industrie benötigten Fachkräfte gern nach Attendorn kommen.
Online-Redaktion: Wie hat man sich die Umsetzung konkret vorzustellen?
Pospischil: Wir haben in einem vorläufigen Zeitplan eingeordnet, welche Maßnahmen des Innenstadtentwicklungs-konzeptes jährlich bis 2023 umgesetzt werden sollen. Insgesamt wollen wir einen Betrag, der deutlich im zweistelligen Millionenbereich liegt, in die Innenstadt investieren – hoffentlich mit Förderung durch das Land. In den Jahren 2016 und 2017 soll ein Schwerpunkt auf dem Umbau der Ennester und Niedersten Straße liegen, die endlich ansprechender, grüner und fußgängerfreundlicher werden sollen.
Online-Redaktion: Du hast das Thema Kultur angesprochen. Wie willst Du das kulturelle Angebot verbessern?
Pospischil: Zunächst einmal wollen wir unsere regen Vereine im Kulturbereich weiter fördern.
Wir wollen aber das Kulturangebot punktuell tatsächlich verbessern. Warum gibt es im Sommer keine Open-Air-Kulturveranstaltungen auf unseren schönen Plätzen? Das möchte ich ändern!
Außerdem wollen wir auch in der Innenstadt endlich einen Saal für kulturelle Veranstaltungen einrichten, wo zum Beispiel kleine Konzerte, Aufführungen oder Kabarett stattfinden können.
Online-Redaktion: In Attendorn wird geklagt, dass zu wenig für die Jugend gemacht wird. Stimmt das?
Pospischil: Wir bemühen uns stetig, mehr für Kinder und Jugendlichen anzubieten. Im abgelaufenen Jahr war es gar nicht so wenig, was hinzugekommen ist. Ich denke da an den Mountainbike-Park, an den Jugendtreff in Helden, den Spielplatz in der Waldenburger Bucht, die Badestelle am Schnüttgenhof oder die Spielfläche am Bremger Weg. In der kommenden Zeit möchte ich auch die Suche nach einem Jugendcafé in der Innenstadt abschließen, damit die Jugendlichen endlich eine Fortsetzung von der Seite 1
Anlaufstelle in der Innenstadt haben. Man darf bei all dem aber nicht übersehen, dass die Vereine, Schulen, Kirchen und das Jugendzentrum in Attendorn eine hervorragende Jugendarbeit machen.
Online-Redaktion: Das alles kostet natürlich Geld. Wie steht es um den kommunalen Haushalt?
Pospischil: Die Haushaltslage ist derzeit gut, aber mit erheblichen Risiken behaftet. Wir haben weit und breit die niedrigsten Steuersätze, aber dank unserer erfolgreichen Unternehmen konstant hohe Gewerbesteuereinnahmen.
Allerdings muss Attendorn allein fast ein Drittel einer immer höher steigenden Kreisumlage schultern. Dazu schlägt der ungerechte Kommunal-Soli im nächsten Jahr voraussichtlich stärker zu Buche.
Bund und Land stehen außerdem in der Pflicht, uns Kommunen bei den explodierenden Kosten für die Unterbringung der Asylbewerber weitaus stärker als bisher zu entlasten.
Online-Redaktion: Wie sieht denn die Situation der Asylbewerber in Attendorn aus?
Pospischil: In der Stadt Attendorn waren Anfang August 167 Asylbewerber untergebracht. Das sind etwa 100 mehr als ein Jahr zuvor. In diesem Jahr haben wir bereits zwei zusätzliche Unterkünfte in Betrieb genommen, sind aber schon wieder auf der Suche nach den nächsten.
Natürlich müssen die Asylbewerber nicht nur untergebracht, sondern auch betreut und integriert werden. Hier leisten die Mitarbeiter des Sozialamtes, aber auch ehrenamtliche Helfer tolle Arbeit. Ich bin froh, dass sich die Diskussion in Attendorn um die Hilfe für diese Menschen dreht, und nicht darum, wie wir sie wieder loswerden. In einer gelungenen Integration von Asylbewerbern steckt für uns auch eine Chance angesichts des demographischen Wandels.
Online-Redaktion: Was wird aus dem Industriegebiet Fernholte-Eckenbach?
Pospischil: Leider können wir derzeit nicht mit dem zweiten Bauabschnitt anfangen, weil die wasserrechtliche Genehmigung vor Gericht angefochten worden ist. Ich bin allerdings fest davon überzeugt, dass wir das Industriegebiet schlussendlich erschließen werden.
Attendorn hat sich auch deshalb wirtschaftlich so gut entwickelt, weil es eine vorausschauende Gewerbeflächenpolitik betrieben hat. Seit ein paar Jahren kann die Stadt keine eigenen Gewerbeflächen mehr anbieten. Sollte die Klage das Vorhaben so lange verzögern, bis sich einige Interessenten in anderen Kommunen ansiedeln, haben die Gegner des Industriegebiets der Stadt einen Bärendienst erwiesen.
Zum Ausbau des Industriegebiets Fernholte, der ökologische Belange wie bei keinem anderen Industriegebiet vorher berücksichtigt, gibt es keine vernünftige Alternative.
Online-Redaktion: Gibt es auch keine Alternative zum Ausbau der Windkraft im Repetal?
Pospischil: Die Entscheidung für die Energiewende ist auf Bundesebene getroffen worden. Die Bezirksregierung hat Vorrangebiete für die Windkraft in ihrem Regionalplanentwurf vorgeschlagen. Im Moment stellt die Stadt einen Teilflächennutzungsplan Energie auf, um die kommunale Planungshoheit zu wahren.
Wichtig zu wissen ist aber, dass derzeit Windräder im Außenbereich prinzipiell zulässig sind. Wir müssen bestimmte Konzentrationszonen festlegen, um im restlichen Stadtgebiet einen Ausschluss von Windenergie zu erreichen. Eine Verhinderungsplanung ist also nicht möglich! Derzeit untersuchen wir das ganze Stadtgebiet nach einheitlichen Kriterien, um festzustellen, wo die verträglichsten Standorte für Windräder sein könnten. Mit dem Modell des Bürgerwindparks können wir dort noch weitergehend Einfluss ausüben und Beteiligungsmöglichkeiten sichern.
Online-Redaktion: Das stößt nicht nur auf Gegenliebe….
Pospischil: Ja, aber die Gegner müssen sich klarmachen, dass die Windkraft im Moment überall prinzipiell zulässig ist. Nur wenn wir Vorranggebiete ausweisen, können wir das einschränken.
Bei allen Themen gilt: Wir suchen mit den Bürgern nach Lösungen, aber am Ende müssen wir handeln, um die Stadt voranzubringen.