Orland Pfeiffer gehörte vom 1. 01. 1957 bis zum 27.10. 2019 der SPD Attendorn als Mitglied an. Während dieser Zeit hat er sich mit großem persönlichen Engagement, mit Sachverstand und kommunalpolitischem Weitblick für die Entwicklung der Hansestadt eingesetzt. Mit seiner offenen Art hat er sich bei seinen Mitbürgerinnen und Mitbürgern große Wertschätzung erworben. Wir werden Orland ein ehrendes Andenken bewahren. Seiner Familie gehört unser aufrichtiges Beileid.
Wolfgang Langenohl; Vorsitzender der SPD Attendorn
Ulrich Bock; Fraktionsvorsitzender der SPD Attendorn
Zum Gedenken an Orland ein Interview aus früheren Zeiten:
Orland, du bist 1957 in die SPD eingetreten. Wie kam es dazu?
Orland Pfeiffer: Die SPD war von der sozialen Ausrichtung und von der Sache her meine Heimat. Sie war auch wie eine große Familie. Da fühlte man sich wohl – bis heute! Dabei war es gar nicht so einfach, damals in die SPD einzutreten. Wir waren ja als Partei so verpönt, dass sich kaum einer traute, für die SPD aktiv zu werden.
Wie sah das Vereinsleben damals aus?
In Listernohl, ja im ganzen Kreis Olpe war die SPD ja abgeschrieben, über 70% wählten CDU. Wir bekamen damals im Dorf knapp 30 Stimmen bei der Wahl, der Rest war CDU und FDP. Wir haben aber von Jahr zu Jahr immer ein bisschen dazugewonnen. 2004 hat mein Nachfolger Alberto Zulkowski dann sogar das Mandat geholt, als direkt Gewählter. Das habe ich nie erreicht, aber ich habe mich trotzdem darüber gefreut.
In den ersten Jahren gab es in dieser Gegend nur in Attendorn einen Ortsverein. Wir in den Dörfern, die paar Mitglieder die wir waren, unterstanden dem Kreisverband. Dadurch waren wir ziemlich stark in den Wahlkämpfen eingebunden und viel unterwegs. Es gab ja im ganzen Kreis Olpe kaum Kandidaten, die die Ortschaften belegten.
Warum war es so schwierig, Kandidaten zu finden?
Damals war es einfach so: Die Sozialdemokraten wurden runtergemacht und als Kommunisten verschrien. Für manche waren wir wie Untermenschen. Dabei spielte auch die Kirche eine Rolle!
Schwierigkeiten im Betrieb hatte ich nicht deswegen, wohl aber in der Kirchengemeinde. Ich war in dem ersten Pfarrgemeinderat, der überhaupt gewählt wurde. Dort habe ich natürlich meine sozialdemokratische Auffassung vertreten, um mich herum waren nur CDU-Leute. Aber ich war am besten informiert über die kirchliche Geschichte von Listernohl! Einmal war der Bischof aus Paderborn zugegen. Als er mitbekam, dass ich in der SPD war, sagt er: „Ach, Sie sind Sozialdemokrat, dann muss man sich doch die Frage stellen, warum Sie im Pfarrgemeinderat sind. Ich stelle Ihnen anheim: Entweder Sie gehen aus der Partei raus, oder aus dem Pfarrgemeinderat.“ Ich sagte: „Mir ist noch keine Wahl so leicht gefallen wie diese!“, und bin gegangen. Unser alter Pastor, der war allerdings ganz anders.
Trotz aller Schwierigkeiten war ich immer gerne Sozialdemokrat, mit Fleisch und Blut!
Wie kann man sich die „große Familie“ der SPD vorstellen?
Wir sind oft auf Veranstaltungen im Ruhrgebiet gewesen. Einmal, in den frühen sechziger Jahren, hat Willy Brandt die Berliner Brücke in Duisburg eingeweiht. Anschließend haben wir in Dortmund zusammen mit ihm in einem Saal gesessen und zu Mittag gegessen. Willy Brandt bekam ein Steak vorgesetzt, wir eine Erbsensuppe. Ich habe bei ihm in der Nähe gesessen, da hat er geguckt und gesagt: „Ich hab‘ mich so auf die Erbsensuppe gefreut!“. Ich sagte: „Ist doch ganz einfach, dann können wir ja tauschen“. Das haben wir dann auch getan (lacht). Willy Brandt war ja so herzlich, unglaublich charismatisch, und hat auch viele in die Partei reingeholt. Hinterher, ab Helmut Schmidt, gab es das so nicht mehr. Aber mit Johannes Rau hat man wieder mehr zu tun gehabt, der war auch öfter hier.
Wie hat sich die SPD um Attendorn herum weiter entwickelt?
1969 gab es ja die kommunale Neugliederung, dann wurde es wieder schwierig für die SPD. Die Ortschaften, die stark CDU-geprägt waren, kamen dazu. Aber es hatte auch sein Gutes: Wir Sozialdemokraten aus den Dörfern, also Attendorn-Land, hatten jetzt einen Ortsverein, dem wir angehörten, und konnten auch für den Stadtrat kandidieren.
Im Ortsverein lernte ich Leo Kosak kennen. Bei dem Besuch von Willy Brandt in Plettenberg haben wir ein Plakat hochgehalten: „Willy Brandt muss Kanzler bleiben!“ Willy Brandt sah das, kam auf uns zu, gab uns die Hand und sagte: „Das muss unser Wahlslogan werden!“ Und das ist er dann auch geworden (lacht). Ob wir nun die einzigen waren, weiß ich nicht, jedenfalls ist es so gewesen. Das war ein Spaß!
Wir sind damals durch die Orte gegangen und haben immer wieder versucht, Leute zu gewinnen für die Kommunalwahl. Diejenigen Kandidaten, die sich gefunden haben, waren sehr engagiert, und waren auch echte Sozialdemokraten.
1975 bin ich über die Liste in den Rat der Stadt Attendorn gekommen, dort war ich 27 Jahre tätig. In dieser Zeit wurde vieles gegründet, z.B. der Stadtsportverband, da war ich auch mit bei.
In vielen Gremien habe ich mitgearbeitet und warüber 15 Jahre Vorsitzender vom Sport- und Jugendpflegeausschuss. In der Zeit ist die Bezirkssportanlage gebaut worden. Das ist nicht mein Verdienst, aber man war Kämpfer für die ganze Sache. Die Sportplätze mit Kunstrasen, die wir heute haben, wurden damals schon geplant. Man wollte, dass alle Orte der Stadt Attendorn einen Sportplatz bekamen. Hinterher hat das natürlich der Vorsitzende vom Stadtsportverband, der Rüdiger König, fortgesetzt.
Ich war auch im Schulausschuss, im Kulturausschuss, und den Kulturring habe ich mitgegründet. In den siebziger Jahren konstituierten sich verschiedene Kulturvereine, z.B. das Kulturbüro, und ich weiß nicht wie sie jetzt alle heißen. Die Menschen wollten mehr Kultur in die Stadt holen. Denn die Stadt Attendorn war sehr auf die Industrie ausgerichtet, deshalb war vieles im kulturellen und touristischen Bereich stecken geblieben. Ich habe immer gesagt: „Es kann nicht sein, dass Attendorn für den ganzen Kreis Olpe Arbeitsplätze schaffen muss. Wir wollen ja auch noch leben in dieser Stadt!“ Man muss die richtige Balance finden zwischen Arbeitsplätzen und kulturellem Angebot.
Hast du ein persönliches politisches Motto?
Mein Leitspruch war immer: „Wir brauchen mehr Vergebung statt Vergeltung!“ Das gilt sowohl vor Ort als auch in der ganzen Welt. Denn wie soll Frieden einkehren, wenn es einen Vergeltungsschlag nach dem anderen gibt? Ich bin Christ, und als solcher bin ich in die SPD eingetreten.
Was gibst du jüngeren Genossen heute mit auf den Weg?
Immer bei der Wahrheit bleiben! Das ist sehr wichtig, weil Unwahrheit immer rauskommt (lacht), immer.Und natürlich der Sozialdemokratie treu bleiben, auch wenn es manchmal nicht so läuft. Ich habe mir nie die Frage gestellt, ob ich in der SPD bleibe oder nicht, das war für mich eine Selbstverständlichkeit. Das ist eigentlich der Kern der ganzen Sache:
Durchhalten und nicht sofort verzweifeln, es gibt immer mal Rückschläge.