Abschiedsrede des ausscheidenden 1. Vorsitzenden der Attendorner SPD Wolfgang Langenohl
Jahreshauptversammlung 2024 (16.Februar) im Alten Bahnhof
Liebe Genossinnen und Genossen,
liebe Weggefährten, liebe Freundinnen und Freunde,
verehrte Vertreter der Presse,
ich kann mich noch gut daran erinnern. Im Frühjahr des Jahres 2006 wählten mich die Mitglieder des SPD-Ortsverein Attendorn in den Vorstand, zunächst als ihren Bildungsbeauftragten, dann zu ihrem 2. stellvertretenden Vorsitzenden und letztlich zu ihrem 1. Vorsitzenden.
Das diese Wahl damals fast einstimmig ausfiel, hat mich als Neuling der SPD hier in Attendorn schon ein Stück weit überrascht. Immerhin kauften die Attendorner Genossinnen und Genossen, um noch im karnevalistischen Bild zu bleiben, damals die Katze im Sack. Bis zu diesem Zeitpunkt bin ich doch nur selten kommunalpolitisch aufgetreten. Nach meinem Eintritt in die SPD, im Jahre 2005, zeigte ich doch zunächst nur wenig Interesse an der Politik.
Im Grunde wollte ich mit meinem Parteieintritt eigentlich zur damaligen Zeit meinem Schwiegervater Hans-Theo Selter eine Freude bereiten. Mein damaliges Interesse galt hauptamtlich wie auch ehrenamtlich den sozialen Themen, was übrigens heute noch so ist. Die ein oder andere Schieflage in der politischen Betrachtung sozialer Themen brachte mich ebenfalls zu dem Entschluss politisch mit bestimmen zu wollen. Einige Monate vor meiner Wahl zu Eurem Vorsitzenden übernahm ich zudem große Verantwortung für einen sozialen Träger auf Bundesebene.
Warum ich mich dennoch für die Position des Ortsvereinsvorsitzenden entschied, kann ich heute kaum noch erklären. War es Neugier, Lust auf etwas Neues oder einfach nur Schicksal?
Nur wenige Tage vor der eingeräumten Mitgliederversammlung hatte mich Uwe Beul, der heute auch hier ist, angesprochen und gefragt, ob ich mir eine Kandidatur vorstellen könnte. Uwe Beul und Walter Sinzig vertraten damals die Meinung, dass es das richtige Amt für mich wäre. Nach einem kurzen Telefonat mit meinem damaligen Vorgänger hatte ich ihm dann zugesagt das Amt übernehmen zu wollen. Bis heute ist diese Geschichte für mich schon ein Stück unbegreiflich.
Offensichtlich hatte mein Ortsverein damals große Not. Ansonsten ist es kaum zu erklären, warum der Vorstand damals auf einen Mann setzte, der bis dahin eigentlich kaum politisch in Erscheinung trat. Letztlich könnte es auch daran gelegen haben, dass Uwe Beul und Walter Sinzig mir in hohem Maße vertrauten.
Keine Ahnung, schließlich ging am Ende alles gut!
Schnell hatte ich mich in diesem neuen Amt zurechtgefunden und meine eigenen Vorstellungen qualifiziert, zunächst im Rahmen einer Klausurtagung in der politischen Akademie und dann haben wir uns so richtig ins Zeug gelegt und auch einiges umgesetzt. Bestimmt bin ich im Laufe meiner Amtszeit so manchem auf die Füße getreten. Aber, auf der anderen Seite sind Freundschaften entstanden und großartige sind Dinge passiert.
Wir erinnern uns an das Erdbeben hier in Attendorn im Kommunalwahljahr 2014. Tag und Nacht war ich persönlich in der Sache unterwegs gewesen. Einige von Euch waren dabei. Einfach grandios. Wir wurden die stärkste politische Kraft und stellten mit Christian den neuen Bürgermeister hier in Attendorn. Heute kann ich mit Sicherheit sagen, dass dieses Amt mein Leben bereichert hat. Vieles ist in den Jahren geschehen. Am Ende verantwortete ich insgesamt mit meinem stellvertretenden Posten 18 Jahre den Vorsitz im SPD-Ortsverein Attendorn.
Heute am Freitag, den 16. Februar 2024 heißt es nun, von diesem Amt Abschied zu nehmen. Wie schön ist es doch, diesen Abschied an einem solchen Ort wie diesen zu vollziehen. Einem Bahnhof. Einem Ort, wo das Kommen und Gehen ganz normal ist. Wo Abschied nehmen auch immer wieder geschieht. Nach meiner Einberufung zum Geschäftsführer eines Sozialverbandes in Siegen kam ich zu dem Entschluss, dass es nicht gut wäre dieses Amt hier in meiner Heimatstadt Attendorn weiter auszuüben. Wenn man das macht, dann mit voller Kraft voraus. Doch das kann man nicht auf zwei große Verantwortungsbereiche aufteilen. Nach intensiven Gesprächen mit meiner Frau, aber auch mit Freunden, die mir stets zur Seite standen, erklärte ich zunächst intern im Ortsverein, dann aber auch strategisch nach außen, dass ich nicht für eine weitere Kandidatur als 1. Vorsitzender zur Verfügung stehen werde. Ich gebe zu, diese Entscheidung ist mir sehr schwergefallen.
Doch es gab auch so manche Momente innerhalb meiner Verantwortungszeit als 1. Vorsitzender, die nicht so erbaulich waren. Mann muss in einem solchen Amt schon verdammt viel aushalten. Ich möchte näher nicht darauf eingehen. Ich kann nur empfehlen, dass die Freude an erzielten Ergebnissen größer sein darf als innerpolitisches Klein-Klein. Sorgt bitte dafür in Zukunft. Ich möchte und werde da gerne zu stiften.
Meiner heutigen Abschiedsrede lege ich die alte SPD-Hymne zu Grunde:
„Wann wir schreiten, Seit’ an Seit’ und die alten Lieder singen und die Wälder widerklingen fühlen wir, es muss gelingen: Mit uns zieht die neue Zeit, Mit uns zieht die neue Zeit.“
Ich finde in diesem Text steckt alles, was wir in dieser aktuellen Zeit benötigen, Hoffnung und Zuversicht. Immerhin liegen schwere Tage, Monate und Jahre hinter und vor uns allen. Ich müsste lügen, wenn ich behaupten würde unserem SPD-Ortsverein geht es besser als je zuvor. Die gute alte SPD hat leider so einiges von ihrem Glanz verloren.
Haben Europa, Berlin und Düsseldorf noch das Ohr an der Basis? Umfragen zufolge legen immer mehr junge Menschen bei einer Wahl das Augenmerk auf den Kandidaten/in und weniger auf eine Partei. Die Frage ob unsere SPD mit 15 % noch eine Volkspartei ist, wird bei den aktuellen Umfragewerten schwer zu beantworten sein. Es stellt sich aber auch die Frage und da müssen wir ehrlich sein: Haben Volksparteien heutzutage bei wechselndem Wahlverhalten noch Zukunft? Unser Ortsverein verlor in den letzten Jahren eine Vielzahl von Mitgliedern. Viele Freunde sind verstorben oder haben sich dazu entschieden das Schiff zu verlassen. Besonders besorgniserregend waren die Jahre 2011 und 2017. Doch aktuell sind wieder so viele Menschen unserem Ortsverein beigetreten, dass man sagen kann das unsere Attendorner SPD weiterhin, wie im Jahr 2014 über 140 Mitglieder verfügt. Davon sind 72,52 % männlich und 27,48 % weiblich. Doch allein im letzten Jahr, lag der prozentuale Anteil an weiblichen Neumitgliedern bei 66,67 %. Dem entgegen stehen die männlichen Neumitglieder bei 33,33 %. So kann es gerne weitergehen! Die Altersgruppe unter 35 Jahren liegt bei 11,45 %, zwischen 35 und 59 Jahren 26,72 % und ab 60 Jahren 61,83 %. Der Altersdurchschnitt aller Mitglieder beträgt somit 63 Jahre.
Fazit: Unser Ortsverein zählt zu den stärksten Gliederungen im Kreis Olpe und Südwestfalen. Ich selbst habe in meiner Amtszeit für 27 Neumitglieder erfolgreich sorgen können. Darauf bin ich sehr stolz und das darf ich auch mal sein, liebe Genossinnen und Genossen. Und…, andere sind durch Euch oder selbstständig in die SPD eingetreten. Wir konnten unseren Mitgliederstand stets stabil halten!
Zur heutigen Jahreshauptversammlung 2024 seid ihr zahlreich erschienen. Diese beeindruckende Teilnahme hier im Alten Bahnhof, für den wir alle, aber auch ich persönlich so gekämpft haben, erfüllt mich mit Stolz.
Im Gegensatz zur NRW-SPD im Land hat sich die SPD auf Bundesebene, aus meiner Sicht, etabliert. Das dies auch ein Verdienst der Kommunalen SPD mit Ihren Abgeordneten, ich nenne hier mal Willi Brase, dann Petra Crone und letztlich Nezahat Baradari ist, will jedoch keiner so richtig merken. Die Zeiten haben sich geändert und auch die SPD muss sich anpassen. Die Kommunalwahlen 2009 haben gezeigt, dass ein Umdenken erforderlich war. Obwohl die Wahl hier in Attendorn uns damals 4 Mandate kostete und wir weiterhin über keine Mehrheit verfügten, wir aber mit Günter Schulte, Walter Sinzig und Georg Ewers das Repetal gewannen, war keiner am Ende mit diesem Wahlergebnis zufrieden.
Wir waren weiterhin in der Opposition. Doch das politische Bild in unserer Heimatstadt und im Repetal hatte sich eindeutig verändert. An dieser Stelle sei mal daran erinnert, dass die CDU hier vor Ort seit den 90er Jahren knapp 26 % ihrer Zustimmung verloren hat. Das wir davon nicht profitierten zeigte sich schnell. Gerade mal 9% gewannen wir in der Zeit an Zustimmung. Die insgesamte verlorene Zustimmung der Union wanderte in andere Richtungen, andere Parteien und in die Nichtwählerschaft.
Ich kann mich noch gut an einige Gespräche mit einigen von Euch erinnern.“…das Stadt- und Dorfbild hat sich halt verändert und viele junge Menschen sind hinzugezogen, andere wiederum sind verstorben oder weggezogen.“ Damit versuchte man damals, lasst es mich so sagen, sich zu beruhigen.
Doch liebe Genossinnen und Genossen,
oft fehlte und fehlt uns der Bezug zu den neuen Einwohnern. Genau darin liegt auch weiterhin ein Vermächtnis und eine Aufgabe für die Zukunft der Attendorner SPD. Einen festen Wählerstamm gibt es längst nicht mehr. Zukünftig müssen wir mit noch mehr Demut um jede Stimme kämpfen. Auch die Attendorner SPD muss ihre Lehren ziehen und sich in den nächsten Jahren neu aufstellen. Jetzt, heute müssen die Weichen für die Zukunft gestellt werden.
Somit sind wir beim Thema angekommen. Ich glaube mit dem Vorschlag des Vorstandes zur Kandidatur des 1 Vorsitzenden haben wir den richtigen Kandidaten gefunden. Seine immerzu freundliche, aufgeschlossene Art kann Brücken bauen. Ich glaube, dass unser Ortsverein einen guten Kandidaten und zudem ein gutes neues Team Euch heute zur Wahl vorschlägt. Ich freue mich auf eine neue Zugkraft, um im Bild dieses schönen Ortes zu sein.
Meine Entscheidung hingegen war keine gegen die SPD Attendorn, sondern vielmehr eine Entscheidung für meine Heimatstadt Attendorn und die gemeinsame Sache. Die Attendorner SPD hat einen Vorsitzenden verdient, der sich voll und ganz um die Belange des Vereins und seiner Mitglieder kümmert. Die nächsten Wahljahre werden wichtig und wir brauchen einen Vorsitzenden, der sich vollends dieser Aufgabe stellen kann. In der Funktion eines Geschäftsführers für einen Sozialverband, fehlt mir die so notwendige Zeit für diesen Ortsverein. So, bin ich dafür nicht mehr der richtige Mann.
Bevor ich jedoch mein Amt zur Verfügung stelle, mache ich an dieser Stelle sehr deutlich, dass ich weiterhin in der Funktion des Stadtverordneten im Rat der Hansestadt bleibe. Ich weiß, woher ich komme und wo die Wurzeln meiner politischen Arbeit liegen. Mir war und ist es wichtig Teil des Ganzen hier in Attendorn zu bleiben und die Interessen unserer Bürgerinnen und Bürgern dieser Stadt und in den Dörfern mit meinem Mandat im Rat der Hansestadt Attendorn zu vertreten. Diese Entscheidung und da bin ich sehr glücklich drüber trifft auf große Unterstützung in Attendorn.
Am Ende möchte ich mich bedanken. Vielen Dank für 18 großartige, wundervolle, ereignisreiche, verrückte und durchaus auch erfolgreiche und anstrengende Jahre. Ich bin stolz auf unsere gemeinsame Zeit und die damit verbundenen Erfolge. Immerhin haben wir gemeinsam in meiner Amtszeit einige gewichtige politische Eckpfeiler gesetzt, auf die man nun weiter bauen kann. Dabei war die größte politische Errungenschaft unter so vielem anderen auch der Neubau dieses wunderbaren Ortes, dem Alten Bahnhof mit der Einrichtung eines Jugendzentrums.
In allen Zeiten hat die Attendorner SPD ihr Profil gezeigt.
Danke an alle Mitglieder, Gönner, Förderer und Wähler/innen. Vielen Dank an meinen Vorstand und insbesondere an meine Rechte und linke Hand, an Walter Sinzig und Ramin Barardari. Ich bin dankbar für die bisherige gemeinsame, wunderbare Zeit und setze auf eine gemeinsame Zukunft. Ein besonderer Dank geht an meine damaligen, lasst es mich so sagen, Mentoren Hans- Walter Neu und Orland Pfeifer. Wir werden Euch nie vergessen. Vielen Dank auch an alle politischen Freunde in den anderen Ortsvereinen, dem Stadtverband, dem Ortsverein Repetal und der NRW-SPD, sowie der SPD auf Bundesebene. Abschließend danke ich meiner Familie, allen voran meiner Frau für das Verständnis und die Kraft. Ich weiß, dass Sie auf vieles verzichten mussten und ich kann nicht versprechen das es besser wird.
Danken möchte ich aber auch den politischen Mitbewerbern hier in Attendorn. In zahlreichen Debatten und Wahlkämpfen habe ich vieles gelernt und konnte mich weiterentwickeln. Heute sehe ich vieles nicht mehr so verbissen. Wir müssen uns immer gegenseitig daran erinnern, dass wir doch alle Bürgerinnen und Bürger dieser so schönen Hansestadt Attendorn sind. Im Grunde darf es immer nur um das Gemeinwohl unserer Heimat gehen.
Nach insgesamt 18 Jahren als 13. Vorsitzender der Attendorner SPD darf ich den Staffelstab nach der gleich folgenden Wahl an meinen Nachfolger weiterreichen. Das ich der 13. Vorsitzende in der 128- jährigen Geschichte unserer SPD vor Ort bin, zeigt, dass viele der Vorsitzenden dieses so wichtige Amt lange und beständig verantworteten. Das muss unbedingt auch so weitergehen. Dieser Staffelstab, den ich nun weiterreiche, beinhaltet ein ausgedrucktes Zitat von Willi Brandt:
„Nichts kommt von selbst. Und nur wenig ist von Dauer. Darum – besinnt Euch auf Eure Kraft und darauf, dass jede Zeit eigene Antworten will und man auf ihrer Höhe zu sein hat, wenn Gutes bewirkt werden soll.“
Mein Abschied von der Position des Vorsitzenden ist kein Grund traurig zu sein, sondern vielmehr sich zu freuen. Ich bin überzeugt davon, dass wir mit dem neuen Team wieder zur alten Stärke zurückkehren. Anpacken und Mitmachen ist angesagt. Immerhin durften wir in den letzten Wochen neue Mitglieder im SPD-Ortsverein begrüßen. Ich habe das Gefühl, dass eine gewisse Aufbruchstimmung herrscht.
Das Alte muss nun weichen, damit neues vorantreiben kann. Manchmal muss man Platz machen, damit gutes entstehen kann!
Danke für die gemeinsame Zeit!
Es war mir eine Ehre Euer Vorsitzender gewesen zu sein!
Glück auf Attendorner SPD!